“Raum”: Bestie Mensch - Filme nach wahren Entführungsfällen

Es ist einer der bemerkenswertesten Filme des Jahres: Die packende Geschichte einer Mutter und ihres kleinen Sohnes, die jahrelang in einem winzigen Zimmer von einem Mann gefangengehalten werden. Vorlage von “Raum” ist der gleichnamige Roman von Emma Donoghue. Für ihr preisgekröntes Buch ließ sich die kanadische Schriftstellerin von dem Aufsehen erregenden Fall der Elizabeth Fritzl inspirieren, die von ihrem Vater 24 Jahre lang in einem Keller eingesperrt, mehrfach vergewaltigte wurde und mit ihm sieben Kinder zeugte. Es ist nicht das erste und einzige Verbrechen dieser Art, das seinen Weg ins Kino fand. Im Folgenden einige Beispiele dafür, dass man monströses Verbrechen fürs Kino nicht erfinden muss, sondern in der Wirklichkeit finden kann.

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Raum
Fünf Jahre alt ist Jack (Jacob Tremblay), genau so lange lebt er mit seiner Mutter in einem kleinen Raum. Die Welt draußen hat er nie gesehen. Für ihn existiert sie nicht. Nur den Himmel, die Sonne, die Sterne und die Wolken kennt der Junge, die er aus dem Dachfenster des Raums jeden Tag beobachtet. Jack und seine Mama (Brie Larson) sind Gefangene. Gefangene eines Mannes (Sean Bridgers), der einst die 17-jährige junge Frau entführte, sie in einem kleinen Raum einsperrte, sie immer wieder vergewaltigte und mit ihr Jack zeugte. “Raum”, die neue Regiearbeit des talentierten irischen Filmemachers Lenny Abrahamson (“Frank”), ist ein erschütternder Film. Nicht nur weil er von Unvorstellbarem handelt, von psychischer und körperlicher Gewalt. Sondern weil er auch unsere Vorstellung von Freiheit und Gefangenschaft, Glück und Unglück radikal auf den Kopf stellt. ‘Raum’, schon der Titel des Drama, dem der Artikel fehlt, verweist auf mehr als nur einen begrenzten Ort. Und die Welt jenseits von 'Raum’, findet man dort tatsächlich die Freiheit? Donoghue und Abrahamson jedenfalls finden auf diese Frage nicht die Antwort, die man erwartet.

Kinostart: 17. März 2016

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3096 Tage
Auch dieser Kriminalfall sorgt weltweit für Aufsehen. Die damals zehnjährige Natascha Kampusch wird auf dem Weg zur Schule in Wien entführt. Mehr als acht Jahre wird das Mädchen von seinem Entführer gefangengehalten, bis der jungen Frau nach 3096 Tagen endlich die Flucht gelingt. Der Täter, Wolfgang Přiklopil, wird bald darauf tot aufgefunden. Angeblich warf er sich vor einen Zug. Die Selbstmord-These wird wenige Jahre später in Frage gestellt. Angeblich wurde er ermordet. “3096 Tage” ist auch der Titel des Films, der 2013 auf Grundlage von Natascha Kampuschs Autobiographie den Leidensweg der Österreicherin nacherzählt. Inszeniert wurde das beklemmende, visuell eindrückliche Drama von Sherry Hormann (“Wüstenblume”), die Hauptrolle spielte Antonia Campbell-Hughes, die Kameramann führte der große Michael Ballhaus (“GoodFellas - Drei Jahrzehnte in der Mafia”, “Die Ehe der Maria Braun”).

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An American Crime
Im selben Jahr, als Ellen Page mit dem Coming-of-Age-Drama “Juno” ihren großen Durchbruch hat, spielt sie die Hauptrolle in “An American Crime”. Das Drama greift den Fall Sylvia Likens auf, die Mitte der 1960er Jahre mit 16 Jahren zusammen mit ihrer ein Jahr jüngeren Schwester in die Obhut einer Pflegefamilie kommt. Hier wird das Mädchen von der Pflegemutter und ihren Kindern psychisch und physisch misshandelt, bis es an den Folgen seiner Verletzungen stirbt. Die Verfilmung dieses Martyriums feiert 2007 auf dem Sundance Film Festival Weltpremiere. Hauptdarstellerin Catherine Keener wird später für ihre Darstellung der Pflegemutter für einen Goldene Globe als beste Schauspielerin in einer Miniserie oder TV-Spielfilm nominiert. Page untermauert mit ihrer Rolle erneut, dass sie zu den besten Schauspielerinnen ihrer Generation gehört.

Gefangen im Dunkel
Auch diese Geschichte basiert auf wahren Begebenheiten. Ein Familienvater (Stephen Tompkinson) trifft im Supermarkt eine Frau (Kelly Harrison), in der er seine Jugendliebe zu erkennen glaubt. Sie leugnet, ihn zu kennen. Er stellt ihr nach und kommt allmählich ihrem Martyrium auf die Spur. Sie wird von ihrem Entführer gefangengehalten und gequält. Entschlossen, sie zu befreien, bringt der Mann seine 13-jährige Tochter in Lebensgefahr. Der Verbrecher hat das Kind als sein neues Opfer ins Visier genommen. Ursprünglich als zweiteilige TV-Miniserie konzipiert, entsteht auch eine um 80 Minuten gekürzte Spielfilm-Fassung des Dramas. Als Vorlage diente die unglaubliche Geschichte der Coleen Stan (Pseudonym), die 1977 beim Trampen verschleppt wurde. Der Entführer hielt sie jahrelang gefangen, steckte sie stundenlang in eine Kiste und missbrauchte sie mehrmals. Die Befreiung Coleens wurde durch die Ehefrau des Mannes veranlasst, die jahrelang Mitwisserin war und sich aus Schuldgefühlen zu diesem Schritt entschloss.